Zwei neue Lieferungen mit kurzen, aber klugen Arbeiten von Joseph von Westphalen Wer sein Buch „Aus dem Leben eines Lohnschreibers“ nennt und dann auch noch Joseph von Westphalen heißt, der will natürlich, dass jeder romantisch gebildete Leser sofort an Joseph von Eichendorff und „Aus dem Leben eines Taugenichts“ denkt. Das ist ganz schön frech, denn der neue Sammelband Westphalens kann sich mit Eichendorffs fabelhafter alter Novelle selbstverständlich nicht messen. Andererseits aber muss man diese Anspielung richtig und klug nennen, denn die Haltung, die aus Westphalen Büchern spricht, ist der von Eichendorffs Taugenichts sehr wohl verwandt: Seine heitere Offenheit der Welt und dem Leben gegenüber. Seine schwärmerische Begeisterung für die Frauen. Seine Freude an den Abenteuern, die der Künstler durch seine Kunst (beim Taugenichts das Geigespiel, bei Westphalen das Bucherschreiben) erleben kann. Solche Qualitäten sind in der deutschen Literatur heute nicht gerade im Übermaß verbreitet. Schon deshalb lesen sich Westphalens Romane und Erzählungen immer wieder erfrischend. In den Geschichten dieses Bandes konzentriert er sich auf Erfahrungen, die er allein deshalb machte, weil Schriftsteller üblicherweise nicht von der Kunst allein leben können und gelegentlich also Auftragsarbeiten zu erledigen haben. Wie oft hat man Autoren darüber Klagelieder anstimmen hören. Nicht so Westphalen: Er macht aus der Not nicht nur eine Tugend, sondern das Beste, was ein Schriftsteller daraus machen kann, nämlich Literatur. In bester Laune führt er eine Menge jener Absurditäten vor, die unser Kulturbetrieb für Autoren bereithält, die sich hin und wieder als Festredner, auslandsverschickte Kulturbotschafter, Werbetexter, Anthologie- und Zeitschriftenbeiträger oder Restaurantkritiker verdingen. Das wirft zum einen manches erhellende Schlaglicht auf Mechanismen unserer modernen Literaturbetriebsamkeit, zum anderen ist es oft sehr witzig. Joseph von Westphalen „Aus dem Leben eines Lohnschreibers“ Luchterhand Verlag, München 2008 251 Seiten, 8,00 € Als Verehrer der Frauen, als Sänger ihrer Schönheit, als Gefangener ihres Zaubers tritt Joseph von Westphalen in diesem Buch auf. Es ist, was für emanzipationspolitisch korrekte Seelen möglicherweise nicht restlos frauenfreundlich klingt, aus einer Kolumne für den „Playboy“ entstanden. Ein Jahr lang erzählte Westphalen in jeder Nummer des Hochglanzmagazins von höchst glanzvollen Begegnungen mit berufstätigen Frauen. Natürlich trägt die literarische Einbildungskraft des Autors ihn immer wieder aus der Kurve und man kann sich darauf verlassen, dass seine Heldinnen noch ein wenig schöner sind als im Leben üblich. Aber in Gegensatz zu dem Magazin, das die nackten Tatsachen liebt, erweist sich Westphalen hier als ein Schriftsteller, der die Kunst der phantasieanheizenden Andeutung beherrscht. Dazu zeigt er, welche neueren und lebenssteigernde Spielarten des Flirtens sich gerade aus der Tatsache ergeben können, dass man einer Frau heute im Amte einer Staatsanwältin, Anlageberaterin, Lateinlehrerin oder auch Taxifahrerin begegnen kann. Als Dreingabe wird zu allem Überfluss die eminente Frage geklärt: „Darf ein Mann weniger verdienen als seine Frau?“ Aus all dem ergibt sich unter dem Strich Ähnliches wie bei dem oben vorgestellten Buch: Die Geschichten werfen zum einen manches erhellende Schlaglicht auf Mechanismen unserer modernen Liebensbetriebsamkeit und zum anderen sind sie oft sehr witzig.
Joseph von Westphalen „Zur Phänomenologie des arbeitenden Weibes“ Haffmans Verlag bei Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2009 187 Seiten, 9,90 €