Man könnte meinen, einen gerade mal gut dreißigjährigen Schriftsteller bereits zu Poetikvorlesungen einzuladen, sei ein wenig voreilig. Doch Daniel Kehlmann entledigt sich auch dieser Aufgabe mit viel Scharfsinn, Witz und stets wacher Selbstkritik. Da Schriftsteller, deren Talent üblicherweise im Beschreiben liegt, in Deutschland gern in die Rolle von Befragten gedrängt werden, hat er seinen Vorträgen lieber gleich die Form eines Interviews gegeben, das er mit sich selbst führt. Er fragt dabei allerlei Bemerkenswertes über die eher handwerkliche Seite seiner Arbeit aus sich heraus: Zum Beispiel, dass die Fähigkeit, Szenen überzeugend schildern zu können, viel mit der Kraft des Autors zu tun hat, sich die Szene bildlich bis hin zu Details vorzustellen, die er nicht schildert. Oder dass ein Schriftsteller, wie Norman Mailer es empfahl, einen Pakt mit seinem Unterbewussten schließen müsse: Es solle die Einfälle liefern und im Gegenzug werde der Autor täglich am Schreibtisch sitzen und auf die Einfälle warten. Ein kluges kleines Buch, aus dem man dazu viel erfährt über die literarische Vorbilder und Bezugsgrößen dieses so erstaunlich begabten Erzählers.
Daniel Kehlmann: „Diese sehr ernsten Scherze“. Poetikvorlesungen Wallstein Verlag, Göttingen 2007 43 Seiten, 9,80 €