Den Scheich vom Kamel sprengen

 Der ultimative satirische Polit-Thriller zur endgültigen Lösung sämtlicher Nahost-Konflikte

Der Amerikaner Christopher Buckley ist ein Meister des politisch unkorrekten Polit-Thrillers. Mehr noch, er ist ein Satiriker mit einem Sinn für überaus bissige, grimmige, sarkastische Pointen. Vor allem aber ist er der Erfinder eines neues Sub-Genres der Thrillerliteratur, nämlich des PR-Romans. Der Ausgangsgedanke des PR-Romans ist einfach: Wenn Fernsehen und Boulevard-Presse heute tatsächlich zu entscheidenden Einflußgrößen in unserer Mediendemokratie herangewachsen sind, dann werden sie zwangsläufig zu den bevorzugten Schlachtfelder enthemmter Lobbyisten und Spin-Doctors, die dort mit krimineller Energie ihre abgefeimten, aber naturgemäß bestens bezahlten Ziele verfolgen. Und die schmutzigsten aller denkbar schmutzigen PR-Schlachten toben natürlich in Buckleys Büchern. In „Danke, daß Sie hier rauchen“ beschreibt er den aufopferungsvollen Medien-Feldzug eines ebenso brillanten wie moralfreien Pressesprechers der Zigarettenindustrie in Washington D.C. für das Recht freier Bürger an frei gewähltem Lungenkrebs zugrunde zu gehen. In „Kleine grüne Männchen“ erzählt er von einer durchgeknallten amerikanischen Regierung, die mit Hilfe eines populären Talkshowmaster die Ufo-Hysterie in Lande schüren will – um Stimmung zu machen für eine weitere Steigerung ihrer völlig überzogenen Rüstungsausgaben. Und im jetzt erschienenen Roman „Florence von Arabien“ versucht Buckley auf seine Weise die ewigen Konflikte im und mit dem Nahen Osten endgültig zur Entscheidung zubringen. Seine Heldin Florence Farfaletti ist Feministin, Mitarbeiterin des amerikanischen Außenministeriums und dazu eine exzellente Kennerin der arabischen Kultur. Als in dem extrem reichen, extrem mittelalterlichen muslimischen Staat Wasabien unter dem Einfluß religiöser Fanatiker immer mehr junge Frauen wegen minimaler Eheverfehlungen geköpft oder gesteinigt werden, entwirft sie das ultimative Geheimdienst-Szenario, wie in der Region endlich moderne, liberale Lebensverhältnisse hergestellt werden können. Ihr Plan ist konsequent nach den Regeln des PR-Geschäfts gestrickt. In einem benachbarten Scheichtum Wasabiens soll ein auf Frauen zugeschnittener Fernsehsender aufgebaut werden, der mit Einkaufs- und Kosmetik-Tips, Talk- und Quiz-Shows, Comedy-Serien und Soap-Operas nur ein einziges Ziel verfolgt: Durch die gemeinsten Tricks der Meinungsmanipulation die bleiern patriarchalischen Lebensverhältnisse der arabischen Länder samt Sharia lächerlich zu machten und den Araberinnen so viele emanzipative Ideen wie irgend möglich in die verschleierten Schädel zu hämmern. Tatsächlich kann sich Florence Farfaletti das nötige Startkapital für ihr Unternehmen beschaffen – von einer Abteilung des Geheimdienstes, die so geheim ist, daß selbst der CIA sie nicht kennt. Und tatsächlich trägt ihr Plan, schon wenige Tage nachdem die ersten Shows über die nahöstlichen Bildschirme flimmerten, seine Früchte – allerdings andere als Farfaletti hoffte. Kaum tun die arabischen Frauen ihre ersten zaghaften Schritte in Richtung Selbstbestimmung, steht die gesamte Region in Flammen, werden Potentaten getötet, Scheichs von ihren Kamelen gesprengt, brechen Kriege aus, kurz: erzittert die Weltordnung. Natürlich kann man die Geschichte als witzige Gedankenspielerei abtun. Doch viel von der grotesken Komik des Buches speist sich aus dem Aufeinanderprall der abgrundtiefen Gegensätzen zwischen einem säkularisierten, Menschenrechte predigenden Westen und einem fundamentalistischen Islam, deren korrupte Machthaber längst gestürzt wären, wenn nicht eben jener Westen seine Hand über sie hielte. Dem Satiriker Christopher Buckley liegt in seinem Buch nicht das Geringste an einem sauverantwortungsvollen Dialog zwischen diesen Kulturen. Viel lieber läßt er die Kontraste munter aufeinanderprallen, daß die Funken nur so sprühen – und dem Leser eine Vision davon vor Augen steht, was passieren könnte, wenn sich der politische Sprengstoff in dieser Weltgegend tatsächlich einmal entzünden sollte. Doch das Beste an dem Buch sind die gnadenlos zynischen Kommentare der amerikanischen Fernsehleute über die heuchlerischen religiösen Erregungszustände der Mullahs Wasabiens. Als einer der fiesesten Schurken vor den Kameras besonders lautstark Allah preist, sind aber selbst die TV-Macher sprachlos. „Vielleicht hat er tatsächlich Gott gefunden“, sagt schließlich einer von ihnen. „So was passiert. Dauernd finden Leute Gott in der Wüste. Er hat da nicht viel Konkurrenz. Niemand findet Gott auf der Madison Avenue.“ Viel schöner kann man es eigentlich kaum noch sagen.

Christopher Buckley: „Florence von Arabien.“ Roman
Aus dem amerikanischen Englisch von Martin Richter. Gerd Haffmans bei Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2005 347 Seiten, 15,90 €

Dieser Beitrag wurde unter Christopher Buckley veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.