Die Titanic und Herr Berg

Der erste Roman von Kirsten Fuchs
Junge Frau liebt älteren Mann – so ganz nagelneu ist dieses Motiv nicht. Origineller erscheint da schon der Schauplatz, an dem Kirsten Fuchs in ihrem ersten Roman die beiden Hauptdarsteller zusammenführt. Tanja ist sexuell sehr aktiv, beruflich dafür aber ausgesprochen passiv. Auf dem Sozialamt, von dem sie sich mit dem Lebensnotwendigen versorgen läßt, beschließt sie, sich in den für sie zuständigen Sachbearbeiter zu verlieben, weil der so traurig ausschaut. Peter ist zweimal geschieden, Vater zweier jugendlicher Kinder, einsam und in seiner Freizeit hauptsächlich mit Onanie beschäftigt. So bedenkenlos und leidenschaftlich sich Tanja in die neue Affäre stürzt, so zögerlich und widerborstig führt sich Peter auf. Er scheint jedes Liebesglück von vornherein für unmöglich zu halten und wartet nur darauf, daß alles eine Wendung zum Schlechten für ihn nimmt – was unter dieser Voraussetzung auch nicht lange auf sich warten läßt. Das beste an Kirsten Fuchs’ Debüt sind die grundverschiedenen Tonfälle, die sie für ihre beiden Figuren erfindet: Tanjas Stimme legt ein Tempo vor, mit dem sie sich über die zahllosen Untiefen ihres Lebens hinwegzuretten versucht. Peter dagegen verwandelt mit seinem Generalbass noch die angenehmste Fügung des Schicksals in eine Katastrophe.

Kirstin Fuchs: „Die Titanic und Herr Berg“. Roman Rowohlt Verlag, Berlin 286 S., 18,90 €

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